Vermögen weitergeben – welche Fristen sind zu beachten?
„Sich frühzeitig zu kümmern“ ist ein guter Vorsatz. Das gilt auch für die Frage, wie Vermögen in die nächste Generation weitergegeben werden kann. Ob tatsächlich zeitnahes Handeln geboten ist, hängt jedoch vom Einzelfall ab. Denn es gibt ganz verschiedene Fristen, die von Bedeutung sein können. Eines haben sie gemeinsam: Sie dauern meistens zehn Jahre.
Steuerliche Motive sind häufig treibender Faktor
„Nicht selten treiben Menschen Fristen um, von denen sie einmal gehört haben und sich nun unter Zeitdruck gesetzt fühlen“, erläutert Dr. Felix Ungerer, Geschäftsführer der Notarkammer Baden-Württemberg. Oft geht es dabei um steuerliche Fristen. Vermögende Personen möchten durch lebzeitige Schenkungen dafür sorgen, dass die Erben später weniger Steuern zahlen müssen. Tatsächlich steht zehn Jahre nach einer Schenkung wieder ein unbelasteter Freibetrag zur Verfügung.
Beim Immobilienverkauf kommt hingegen eine andere steuerliche Zehnjahresfrist zum Tragen: Wer eine nicht selbst genutzte Immobilie vor Ablauf von zehn Jahren weiterverkauft oder ganz oder zum Teil gegen Entgelt überträgt, muss unter Umständen auf den erzielten Gewinn sogenannte Spekulationssteuer zahlen.
Auch Pflichtteilsreduzierung kann gewollt sein
Manchmal soll eine Übertragung erfolgen, um Ansprüche von unliebsamen gesetzlichen Erben zu reduzieren. Wenn seit einer Schenkung zehn Jahre vergangen sind, können Pflichtteilsberechtigte nach dem Erbfall keine zusätzliche Zahlung mehr von den Erben verlangen. Dabei schmilzt der Betrag innerhalb der zehn Jahre von Jahr zu Jahr um jeweils ein Zehntel ab, es gilt also kein „Alles-oder-Nichts“-Prinzip. Aber der Teufel steckt im Detail: Wenn der Schenker sich – wie oft – umfassende Nutzungsrechte wie den Nießbrauch vorbehält, beginnt die Frist ebenso wenig zu laufen, wie wenn die Übertragung an den Ehegatten erfolgt.
Vermögen sichern für den Pflegefall?
Manch einer denkt auch an die eigene Pflegebedürftigkeit und will verhindern, dass das eigene Vermögen zur Deckung der Pflegekosten aufgebraucht wird. Da scheint es auf den ersten Blick ein geschickter Schachzug, das Vermögen stattdessen rechtzeitig den Kindern zu übertragen. Denn nach zehn Jahren können Schenkungen grundsätzlich nicht mehr wegen Bedürftigkeit des Schenkenden zurückgefordert werden, auch nicht durch den Sozialhilfeträger. „Aber Vorsicht! Vermögen wegzugeben, das man selbst noch brauchen könnte, ist meistens keine gute Idee“, sagt Dr. Ungerer: „Das hart erarbeitete Vermögen soll doch gerade etwas Spielraum im Alter geben.“ Auch sozialhilferechtlich kann es im Einzelfall auf Bedenken stoßen, Kosten der Pflege auf die Allgemeinheit, das Vermögen aber auf die Kinder zu übertragen.
Notarielle und steuerliche Beratung in Anspruch nehmen
Jeder Fall ist anders. Deshalb berät die Notarin oder der Notar – abgestimmt mit einer steuerlichen Beratung – individuell zum richtigen Zeitpunkt und zur passenden rechtlichen Gestaltung.
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Januar 2021, Notarkammer Baden-Württemberg
Gültiges Testament auch mit unleserlicher Unterschrift
Ein Testament kann handschriftlich oder notariell errichtet werden. Aufgrund der professionellen Beratung durch die Notarin oder den Notar bietet das notarielle Testament einen höheren Grad an Rechtssicherheit. Auch wer aufgrund krankheitsbedingter Schwächung nicht mehr in der Lage ist, seinen letzten Willen handschriftlich niederzulegen, aber dennoch für den Todesfall vorsorgen will, findet notarielle Unterstützung. Für die Unterschrift unter einem notariellen Testament kann es nämlich ausreichen, wenn man versucht, seinen Nachnamen zu schreiben. Der Anfangsbuchstabe und eine geschlängelte Linie können genügen.
Anforderungen an die Unterschrift unter ein notarielles Testament
Das Schreiben mit der Hand stellt insbesondere ältere Personen häufig vor Herausforderungen. „Zwar muss auch das notarielle Testament im Grundsatz von den Beteiligten unterschrieben werden“, weiß Dr. Felix Ungerer, Geschäftsführer der Notarkammer Baden-Württemberg. „Doch es gelten besondere Anforderungen.“ Das Oberlandesgericht Köln hat entschieden (Beschluss vom 18.05.2020, Az. 2 Wx 102/20), dass es reicht, wenn der Erblasser versucht, seinen Familiennamen zu schreiben, und die Unterschrift aufgrund einer krankheitsbedingen Schwächung nur aus dem Anfangsbuchstaben und einer anschließenden geschlängelten Linie besteht. „Entscheidend ist, ob die bzw. der Unterzeichnende dadurch zum Ausdruck bringt, die notarielle Erklärung als eigene zu wollen und die Urkunde zu genehmigen“, erläutert Dr. Ungerer. Dafür kommt es nicht darauf an, ob sich anhand der Unterschrift die bzw. der Unterzeichnende identifizieren lässt. Dies sei zumindest bei einem notariellen Testament nicht Sinn und Zweck der Unterschrift, so das Oberlandesgericht Köln. Vielmehr seien Notarinnen und Notare bereits nach § 10 Abs. 1 Beurkundungsgesetz verpflichtet, sich Gewissheit über die Person der Beteiligten zu verschaffen.
Beteiligte streiten über Wirksamkeit der Unterschrift
In dem vom Oberlandesgericht Köln entschiedenen Fall hatten sich eine Frau und ihr Mann in einem notariell beurkundeten Testament gegenseitig zu Alleinerben und die Geschwister des Ehemannes zu Erben des Letztversterbenden eingesetzt. Die Schlusserbeneinsetzung wurde von der Frau nach dem Tod ihres Mannes aufgrund einer in dem Testament enthaltenen Änderungsbefugnis geändert. Zum Zeitpunkt der Errichtung der notariellen Testamentsänderung war die spätere Erblasserin schwer erkrankt und geschwächt, so dass es nur zu einer rudimentären Unterschrift kam. Deswegen brachten die Geschwister des Mannes vor, dass das Testament von der Erblasserin nicht vollständig unterschrieben sei. Zu Unrecht, entschieden die Richterinnen und Richter des Oberlandesgerichts Köln.
Hilfe auch bei vollständiger Schreibunfähigkeit
„Aber auch, wenn jemand gar nicht mehr schreiben kann, ist es möglich, ein wirksames notarielles Testament zu errichten“, betont Dr. Ungerer. „Zum Beispiel kann nach § 25 Beurkundungsgesetz ein sogenannter Schreibzeuge oder eine sogenannte Schreibzeugin herangezogen werden. Notarinnen und Notare finden für jeden Fall eine Lösung.“
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Dezember 2020, Notarkammer Baden-Württemberg
Notartermin – auch ohne mich?
Sie wollen bei einer Notarin oder einem Notar eine Wohnung erwerben, Ihr Haus verkaufen oder Anteile an einer GmbH übertragen? Damit eine unabhängige Beratung erfolgen und sämtliche Erklärungen rechtssicher notariell beurkundet werden können, sollten in der Regel alle Beteiligten persönlich bei der Beurkundung anwesend sein. Es gibt jedoch Situationen, wie eine Krankheit oder ein längerer Auslandsaufenthalt, die eine persönliche Wahrnehmung eines unaufschiebbaren Termins verhindern. Gerade auch vor dem Hintergrund der aktuellen Corona-Pandemie kann im Ausnahmefall, um das Kontaktrisiko für Personen zu minimieren, die zu einer Risikogruppe zählen, eine rechtssichere Beurkundung auch ohne die persönliche Anwesenheit durchgeführt werden.
Vertretung oder Genehmigung
Insbesondere bei Erklärungen von Verbrauchern wird die Notarin oder der Notar stets darauf hinwirken, dass die Erklärungen persönlich oder durch eine Vertrauensperson abgegeben werden. Wenn Sie also aus guten Gründen den Notartermin, der auch nicht verschoben werden kann oder soll, nicht selbst wahrnehmen können, kommt zunächst die Bevollmächtigung einer anderen Person in Betracht. „Im Grundstücksbereich reicht es in der Regel nicht aus, Vollmachten rein privatschriftlich zu erteilen.“, erklärt Dr. Felix Ungerer, Geschäftsführer der Notarkammer Baden-Württemberg. „Neben der sorgfältigen Auswahl einer geeigneten Person ist daher die Errichtung einer notariellen Vollmacht zu empfehlen.“
In Ausnahmefällen kann sogar eine vollmachtlose Vertretung in Betracht kommen. Bei dieser Verfahrensweise ist allerdings eine nachträgliche Zustimmung erforderlich. „Hierzu müssen Sie als vollmachtlos Vertretener im Nachgang nochmals mit Ihrer Unterschrift notariell bestätigen, dass die Erklärungen in dem Vertrag in Ihrem Sinne abgegeben wurden. Bis zu dieser Genehmigung ist der Vertrag noch unwirksam. Das bedeutet auch, dass der andere Vertragsteil, welcher persönlich bei der Beurkundung anwesend war, bis zu diesem Zeitpunkt keine Sicherheit hat, dass der Vertrag auch tatsächlich zustande kommt.“, gibt Dr. Ungerer zu bedenken.
Nachteile im Blick behalten
Sowohl die Errichtung einer notariellen Vollmacht im Vorfeld des Vertragsschlusses als auch die Zustimmung im Nachgang verursachen Mehrkosten. „Neben diesem augenfälligen Kostennachteil muss stets bedacht werden, dass bei der Beurkundung in Anwesenheit aller Beteiligten aufkommende Fragen häufig direkt geklärt werden können. Alle anderen Lösungen erfordern einen höheren Abstimmungs- und Beratungsbedarf im Vorfeld der notariellen Beurkundung. Änderungen, die erst während der Beurkundung sichtbar werden, können mit den unmittelbar Betroffenen nicht oder nur schwer abgestimmt werden. Die persönliche Anwesenheit ist und bleibt der Königsweg, von dem man nur aus guten Gründen abweichen sollte.“, betont Dr. Ungerer. „Wenn sachliche Gründe, wie beispielsweise eine Erkrankung, vorliegen, können Notarinnen und Notare übrigens auch außerhalb ihrer Geschäftsstelle tätig werden und Sie etwa im Krankenhaus aufsuchen.“
Fazit
Die notarielle Beurkundung gewährleistet die Belehrung der Beteiligten und eine ausgewogene Vertragsgestaltung. Die persönliche Anwesenheit bei der Beurkundung ist daher im eigenen Interesse stets zu bevorzugen. Wenn dieser jedoch sachliche Gründe entgegenstehen, bietet das notarielle Verfahren aber die notwendige Flexibilität, um auch hier zu rechtssicheren Lösungen zu gelangen.
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Oktober 2020, Notarkammer Baden-Württemberg
Trennung ohne Rosenkrieg – Wie funktioniert die einvernehmliche Scheidung?
Jede dritte Ehe wird geschieden - mindestens sagt die Statistik. Trotzdem muss nicht jede Scheidung in einem Rosenkrieg enden. „Wenn beide Partner die Scheidung wollen, kann eine einvernehmliche Scheidung erfolgen“, weiß Dr. Felix Ungerer, Geschäftsführer der Notarkammer Baden-Württemberg. Voraussetzung für die Scheidung ist der Ablauf des Trennungsjahrs. Bei der einvernehmlichen Scheidung genügt es, wenn ein Ehegatte den Scheidungsantrag stellt und hierzu einen Rechtsanwalt beauftragt. Der andere Ehegatte muss der Scheidung dann nur zustimmen.
Das Gerichtsverfahren für die Scheidung dauert oft sehr lange. Teilweise kann das Verfahren mehr als ein Jahr dauern. „Bei einer einvernehmlichen Scheidung geht es aber auch deutlich schneller“, erklärt Dr. Ungerer, „nämlich dann, wenn die Eheleute sich beim Notar über die wichtigsten Folgen der Scheidung einigen.“ Bei Vorliegen einer notariell beurkundeten Scheidungsfolgenvereinbarung kann die Scheidung schon innerhalb von ein bis drei Monaten nach Ablauf des Trennungsjahrs ausgesprochen werden. Es lassen sich auch Teilbereiche regeln, die dann nicht mehr zum Gegenstand des Scheidungsverfahrens werden müssen und so Kosten und Zeit sparen. Mit dem Notar lässt sich in einer Besprechung klären, wo Einigungsfähigkeit besteht, wer welches Vermögen (z.B. Haus, Auto, Konten, Depot) erhält und ob ein Ehegatte von dem anderen noch einen bestimmten Geldbetrag als Zugewinnausgleich bekommen soll. Auch Regelungen zum Unterhalt und zum Versorgungsausgleich (Rentenansprüche) können einvernehmlich beim Notar getroffen werden. Wenn es gemeinsame Kinder gibt, spielt das Sorgerecht oft eine Rolle.
Typische Regelungen einer Scheidungsfolgenvereinbarung sind:
- Durchführung oder Verzicht auf Zugewinnausgleich
- Vermögensauseinandersetzung
- Regelungen zum Versorgungsausgleich
- Ehegattenunterhalt
- Kindesunterhalt
- Sorgerecht bzw. Umgangsrecht
- Verteilung der Kosten der Scheidung
Dabei geht es um weitreichende Entscheidungen. Auch wenn in der Scheidungssituation oft der Wunsch vorherrscht, die Sache möglichst schnell zu beenden, sollten beide Seiten den fairen Interessenausgleich in Ruhe prüfen, am besten jede mit einem eigenen Rechtsanwalt. Stehen sich die Positionen unversöhnlich gegenüber, kann manchmal ein Mediator helfen, den Teufelskreis zu durchbrechen. Für die rechtliche Gestaltung steht der Notar als neutraler Berater für beide Eheleute zur Verfügung. So kommt es meistens zu einer Einigung, wenn die Eheleute bereit sind, miteinander zu reden. „Die gemeinsame Vereinbarung des Notartermins ist dabei der erste Schritt zu einer Scheidung ohne großen Streit vor Gericht“, sagt Dr. Ungerer.
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September 2020, Notarkammer Baden-Württemberg